Chemische Kampfstoffe Made in Germany

Im Folgenden veröffentlichen wir eine Pressemitteilung der Hilfsorganisation WADI vom 16.3.2015. Der Text ist auch als bebilderte PDF-Version verfügbar.

Chemische Kampfstoffe Made in Germany

Opfer von Chemiewaffeneinsätzen demonstrieren in Irak und Syrien. Bundesregierung verschleiert Mitschuld an Chemiewaffenproduktion.

Berlin/Halabja, 16. März 2015

Heute, am Jahrestag des Giftgasangriffs auf die kurdische Stadt Halabja, gehen die Überlebenden von Chemiewaffeneinsätzen in Syrien und dem Irak auf die Straße, um an das gemeinsame Leid und das Schicksal der Überlebenden zu erinnern. In der belagerten Ghouta bei Damaskus und in Halabja richten sich die Überlebenden aber auch an die deutsche Regierung, die sich nach wie vor weigert, die materielle und logistische Unterstützung des irakischen und syrischen C-Waffenprogramms durch deutsche Unternehmen offenzulegen.

Deutsche Verantwortung

Weder das irakische noch das syrische C-Waffenprogramm wären ohne Unterstützung und Zulieferung von Außen möglich gewesen. Die irakische Giftgasproduktion wurde zu großen Teilen von deutschen Unternehmen beliefert. Auch am syrischen C-Waffenprogramm sollen deutsche Firmen maßgeblich beteiligt gewesen sein. Dokumente über die deutsche Beteiligung am Aufbau des syrischen C-Waffenprogramms aber werden nach Informationen des SPIEGEL von der Bundesregierung als »vertraulich« eingestuft und zurückgehalten. Aus Syrien wird derweil über den fortwährenden Einsatz von Chlorgas als Kampfstoff berichtet.

In Ghouta und Halabja fordern die Überlebenden heute ein Ende der Straflosigkeit. Jede ernstgemeinte Initiative gegen den Einsatz und die Verbreitung chemischer Kampfstoffe muss weit im Vorfeld des eigentlichen Einsatzes bei der Produktion und Zulieferung ansetzen. Unternehmen und Regierungen, die sich an der Fertigung von C-Waffen beteiligen, müssen mit in die Verantwortung genommen werden. Wer an Staaten, die bekanntermaßen an WMD-Programmen arbeiten, Material zur Produktion und Konfektionierung chemischer Kampfstoffe liefert, kann sich nicht darauf hinausreden, von der militärischen Verwendung nichts geahnt zu haben. Dies gilt auch für die Bundesregierung.

Im März 2013 verabschiedete der deutsche Bundestag einen Beschluss zur Würdigung der Opfer des Angriffs auf Halabja. Heute sollten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages die Konsequenzen aus der damaligen Erklärung ziehen und von der Regierung die vollständige Aufklärung deutscher Beteiligung am Aufbau des syrischen C-Waffenprogramms einfordern. Die Regierung, die sich selbst gerne eine »menschenrechtsorintierte Außenpolitik« bescheinigt, darf nicht ausgerechnet solche Dokumente als »vertraulich« zurückhalten, die auf eine deutsche Beteiligung an der Vorbereitung schwerer Kriegsverbrechen hinweisen.

Unterstützung für die Überlebenden

Die Überlebenden der Giftgasangriffe benötigen unsere Hilfe und Unterstützung. Ghouta ist bis heute von syrischen Regierungstruppen belagert. Die Menschen hungern, die medizinische Versorgung ist praktisch zum Erliegen gekommen, das örtliche Krankenhaus ist zerstört. Tagtäglich beschießen syrische Truppen die Region mit Artillerie und werfen Fassbomben ab. Die Überlebenden des Giftgasangriffs von 2013 sind von jeder Hilfe abgeschnitten. Deutschland und Europa müssen sich für ein Ende der Belagerung, den freien Zugang von Hilfsorganisationen und einen sofortigen Rückzug syrischer Truppen einsetzen.

WADI arbeitet seit zwei Jahrzehnten als Hilfsorganisation im kurdischen Nordirak und unterstützt u. a. Programme für Überlebende der irakischen Giftgaseinsätze. Mehr Informationen unter http://www.wadi-online.de.

Ein Gedanke zu „Chemische Kampfstoffe Made in Germany

  1. akgesellschaftskritik Autor

    Ergänzend sei auf einen Artikel des Daily Record vom 15.3. verwiesen, in dem über das Eingeständnis der Bundesregierung berichtet wird, Chemikalien für die Herstellung von Giftgas an das Assad-Regime geliefert zu haben.

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